Berufe in Kinderbüchern
(02.09.2013) Wenn ich Kinderbücher schreibe, denke ich ewig darüber nach, welche Berufe die Eltern haben könnten. Sie dürfen nicht zu ausgefallen sein, obwohl sich noch nie jemand an dem „Kapellmeister“-Vater im doppelten Lottchen gestört hat, und sie sollen auch nicht zu klischeebehaftet oder rollenspezifisch sein. Kleiner Ausflug ins Kästner-Kinderreich, bei ihm sind in der Regel auch die Mütter berufstätig, Friseurin, Bildredakteurin und selbst Frau Pogge arbeitet den ganzen Tag, auch wenn nicht so ganz klar ist, was eigentlich.
Mir ist wichtig, dass ich etwas über die Berufe weiß, die die Figuren in meinen Geschichten ausüben, und da kommen dann nur die in Frage, die ich kenne, damit ich nicht zu lange mit der Recherche für eine Nebensächlichkeit beschäftigt bin. (In meinem Fragment-Ordner lagert ein Romananfang, in dem die Mutter in einer Imbissstube arbeitet . Ratet mal, wo ich während des Studiums gejobbt habe.)
Mich hat aber doch interessiert, wie andere Autoren das eigentlich handhaben. Zumal ich kaum – trotz Genderforschung all überall – kaum Studien dazu gefunden habe. In einer Dissertation stellte man (ok: frau) fest, dass in den populären Büchern die Väter weiterhin arbeiten und außer Haus sind, während die Mütter sich um Kinder und Haushalt kümmern. In manchen Büchern – sagen die Forscherinnen im Interview – würden Frauen gar noch mit Schürze dargestellt. Gibt es solche Frauen überhaupt noch? Ok, meine Oma trug noch immer einen Kittel an Werktagen – aber das war in den 60-er- und 70-er Jahren!
Ich habe mich bei meinen Autorenkolleginnen umgehört und bekam doch eine große Vielfalt an Elternberufen:
- Rechtsanwältin und Hausmann gab es dort ebenso wie
- Übersetzerin und Kunsthistoriker,
- Archäologin,
- aber doch eine Hausfrau mit einem Frauenarzt kombiniert,
- einen alleinerziehenden Comiczeichner,
- eine Friseurin mit eigenem Salon, deren Mann in der Nudelfabrik arbeitet,
- eine Töpfermeisterin mit einem Ehemann, der Schreiner ist
- einen Redakteur, doch noch eine Hausfrau,
- aber auch eine Agenturchefin mit einem Gemahl, der in unbekannten Geschäften um die Welt jettet
Es gibt also durchaus Autorinnen, die sich Gedanken über ihre Rollenvorbilder machen, was laut einem Leserinnenbrief an ArsEdition zu dem Buch „Mein erstes Bilderbuch“ allerdings nicht immer der Fall zu sein scheint. In dem Brief wird kritisiert, dass die Frau fast nur als Hausfrau und Erzieherin dargestellt wird und überwiegend jung ist, während Männer in verschiedenen Altersstufen und Aufgabenbereichen abgebildet werden – nur nicht als Vater, ohne, dass eine Mutter ihn begleitet. Wirklich interessant. Es gibt anscheinend immer noch viel zu tun, um die versteckten Rollenbilder in den Köpfen zu korrigieren. © Birgit Ebbert
Interessanter Leserinnenbrief an ArsEdition wegen des Frauenbildes in „Mein erstes Bilderlexikon“
Bei den meisten meiner FreundInnen mit Kindern verdient der Mann besser (und dementsprechend auch mehr – das ist leider anscheinend nicht voneinander zu trennen) und die Frau ist mehr beim Kind. Bei uns war das anders geplant – ich wollte mehr arbeiten, mein Mann sollte sich mehr um die Kinder kümmern. Die Tatsachen sind nun aber so, dass ich zwar mehr arbeite, aber eben nur so lange, wie die Kinder nicht da sind. Am Nachmittag/Abend sind wir dann entweder beide da oder nur ich, weil mein Mann seinen Job als Flötist/Flötenlehrer eben vormittags nicht ausüben kann. „Lauras Stern“ ist m.E. das einzige Buch, in dem der Papa mehr mit den Kindern beauftragt ist. Ich mag es am liebsten, wenn die Eltern im Hintergrund bleiben. In der Regel sind sie ja gar nicht so wichtig.
Also, bei uns ist es so, dass wir beide arbeiten: Sekretärin und Hausmeiste, wobei ich auch nach der Geburt unseres Sohnes umgehend wieder gearbeitet habe.
Bei einer Kollegin (Sachbearbeiterin) war es so, dass sie als Mutter ganztags gearbeitet hat und er Elternzeit genommen hat.
Birgit, wenn du in Kitas nachfragen würdest, dann würdest du weniger klassische Hausfrauen finden.
Über mich wurde damals gesagt, ich würde mein Kind abschieden. Von meinem Mann hat man das nie gesagt. Wir hatten in der Kita in Wehringhausen eine wunderbare Betreuung und da waren alle Berufe vertreten: Lehrer, Manager, Hausmeister, Sekretärinnen, Kaufleute, junge Frauen, die Schule und Ausbildung nachholten…
Liebe Gesa, ich finde die Berufe auch nicht so wichtig, aber manchmal braucht man sie – z. B. wenn ein Kind mit Fachsprache um sich wirft, die nicht jedes Kind kennt oder es ist für die Story wichtig wie bei meiner „Mieke“, da brauchte ich das, dass der Lehrer sich bei ihren Arzt-Eltern über Mieke sie ausließ. Ich finde es wichtig, dass man sich auch darüber Gedanken macht und nicht einfach das klassische Rollenbild weiterschreibt. Liebe Grüße Birgit
Liebe Monika, du hast recht, man sollte nicht nur auf Rollenbilder, sondern auch auf alltägliche Berufe achten. Man neigt wirklich schnell dazu, exotische Berufe einzubauen, vor allem, wenn die Eltern cool sein sollen. Ich werde beim nächsten Kinderbuch besonders darauf achten 🙂 Liebe Grüße Birgit
Ich finde es sehr wichtig, den Beruf/die Tätigkeit der Mutter sorgfältig zu wählen bzw. zu erwähnen. Die armen Kinder bekommen sowieso schon genug „Mist“ vorgesetzt (Barbie ist schlank, rosa und rüschig, Männer sind bemuskelt und Helden). Bei uns verdiene ich zurzeit das Geld als Übersetzerin und mein Mann sorgt für unseren Bauernhof (kein Erwerbshof oder so). Übrigens habe ich zum Einstand hier auf dem Lande aus Gag einen solchen Omakittel geschenkt bekommen und trage ihn am liebsten zu Gummistiefeln :). Zum Glück können mich meine Übersetzungskunden nicht sehen….de groetjes, Dagmar
Danke für die Ermutigung, liebe Dagmar, dann grübele ich zukünftig weiter – und vielleicht kann ich den Omakittel auch unterbringen 🙂 Liebe Grüße Birgit