Der Kranich als Symbol
(29.07.2018) Als vor einigen Wochen beim Philarmonic Brunch im Theater Hagen war, ließ die Komponistin Sinan Altan in einem Nebensatz fallen, dass der Kranich auch ein wichtiges christliches Symbol sei. Nun bin ich in einer sehr katholischen Region aufgewachsen und habe sogar angefangen, Religionspädagogik zu studieren, aber der Kranich ist mir im Christentum bisher nicht begegnet. Da ich gerade ein größeres Projekt mit Papierkranichen vorbereite, wollte ich natürlich wissen, was es mit dem Kranich als Symbol im Christentum auf sich hat. Und wie das manchmal so ist bei Recherchen, man sucht das eine und findet das andere und plötzlich tun sich neue Gedankentüren auf.
Der Kranich als modernes Friedenssymbol
Ich gebe zu, dass mir der Kranich als Symbol erst ein Begriff ist, seit ich mich mit Origami und Papier falten beschäftige. In dem ersten Workshop in der Buchhandlung am Rathaus haben wir am Schluss einen Kranich gefaltet. Ganz ehrlich, bis dahin kannte ich den nicht einmal. Aber dann habe ich recherchiert und erfahren, dass der Kranich in Japan ein Glückssymbol ist und eine japanische Legende besagt, dass die Götter demjenigen, der 1.000 Kraniche faltet, einen Herzenswunsch erfüllen. An diese Legende hat sich auch Sadako Sasaki geklammert, ein Mädchen aus Hiroshima, das mit 12 Jahren an den Folgen des Atombombenabwurfs starb. In den letzten Lebensmonaten hatte sie von der Legende der Kraniche erfahren und begonnen, Kraniche zu falten, damit die Götter ihr Gesundheit schenkten. Sie hat die 1.000 Kraniche nicht geschafft und ist am 25. Oktober 1955 gestorben. Aber sie hat eine Bewegung in Gang gesetzt, die bis in die heutige Zeit reicht. Ihre Freunde habe einen Papierclub gegründet, um die 1.000 Kraniche zu falten und Sadako ein Denkmal zu setzen, damit nie wieder Kinder durch einen Krieg getötet werden. Das Denkmal steht heute als Kinder-Friedensdenkmal im Gedächtnispark in Hiroshima. Auf der ganzen Welt falten Kinder und Erwachsene Kraniche für den Frieden und schicken sie an den Park. Dort werden sie aufgefädelt und aufgehängt oder auf Postkarten geklebt verkauft, um den Erhalt des Denkmals zu sichern. Diese Idee finde ich so inspirierend, das ich vom 15. August bis 29. September in Hagen mit großen und kleinen HagenerInnen 1.000 und mehr Kraniche falten möchte, die natürlich anschließend nach Hiroshima geschickt werden sollen.
Der Kranich als Symbol mit Geschichte
Auf der Suche nach dem Kranich als Symbol haben mich einige Überraschungen erwartet. Am interessantesten finde ich die Sage, der zufolge der Kranich einen Stein, eine Kugel oder ein Ei in der Kralle hält, damit er nicht einschläft. Mal sehen, ob ich das falten kann J Auf diese Weise steht der Kranich in der Heraldik für Wachsamkeit, außerdem verkörpert er Erneuerung sowie Lebensfreude, Liebe und Weisheit. Für langes Leben und Weisheit steht der Kranich in China, und wird zugleich als göttlicher Himmelsbote gesehen, auf dessen Rücken die „Unsterblichen“ ins den Himmel gelange. Auch in Indien wird der Kranich als Gott verehrt und bei den Kelten gehörte der Kranich zur Muttergöttin unabdingbar dazu. In Japan symbolisiert er die Erhabenheit des Inselreiches, langes Leben und Weisheit und ist als Papierkranich ein Glücksbringer. Die Schweden bezeichnen den Kranich als „Vogel des Glücks“, weil er ihnen nach der dunklen Zeit den Frühling ankündigt, sogar auf altägyptischen Grabplatten taucht der Kranich auf, gilt der in Ägypten doch als Sonnenvogel, seine Figur steht in den Hieroglyphen übrigens für den Buchstaben B – da passt er ja gut zu mir 🙂 (Allerdings habe ich für diese Behauptung keine zweite Quelle gefunden, googele ich Hierogplyphie B, kommt ein anderes Zeichen, ich suche weiter 🙂 ) Selbst in der griechischen Mythologie war der Kranich beheimatet und wurde swohl Apollon als auch Demeter und Herbes zugeordnet, die hohen Priester sagten aus dem Flug der Kraniche das Schicksal vorher. Nun aber zum Christentum, wo der Kranich als Symbol für Liebe und Treue, Wachsamkeit, Rechtschaffenheit, Güte und Ordnung gilt. In der anatolischen Kultur repräsentiert der Kranich im Umfeld der Aleviten und Bektaschiten den Himmelsgott, deshalb gilt er als heilig. Sein Flug in die Höhe spiegelt sich in rituellen Gebetstänzen, den Semah, wider.
Der Kranich in Literatur, Film und Kunst
Ich war von den Rechercheergebnissen so beeindruckt, dass ich mich hier erst einmal auf eine Sammlung von Werken rund um den Kranich beschränke, wenn ich alles gelesen habe, melde ich mich wieder zu dem Thema 🙂
- „Reiher und Kranich“ (russisch)
- „Wie der Fuchs vom Kranich das Fliegen lernte“ (finnisch)
- „Fuchs und Kranich“ (deutsche Fabel)
- „Fuchs und Kranich“ (Johann Wolfgang von Goethe)
- „Der Wolf und der Kranich“ (Äsop)
- „Der Pfau und der Kranich“ (Äsop)
- „Der Koch mit dem Kranich“ (Hans Sachs)
- „Walther von der Vogelweide, 03. Der Kranich“ (Felx Dahn)
- „Der kluge Kranich“ (Wilhelm Busch)
- „Die Kraniche des Ibykus“ (Friedrich Schiller)
- „Der gelähmte Kranich“ (Ewald von Kleist)
- „Der Kranich“ (Theodor Fontane)
- „Der Kranich“ (Nikolaus Lenau)
- „Der große Kranichtanz auf dem Kullaberg“ (Selma Lagerlöf, Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen)
- „Die Kraniche ziehen“ (Film von Michaeil Kalatosow)
- „Der letzte Kranich vom Angerburger Moor“ (Song von Juliane Werding)
- „Kraniche“ (Song von Bosse)
Recherchelinks
- Heraldik-Wiki => Kranich
- Kraniche auf der Durchreise (Zeit.de 26.10.2011)
- Symbolonline => Kranich
- Das große Kunstlexikon von P.W.Hartmann => Symbol
- Wikipedia => Kranich
- Das Motiv des „Kranich“ im Alevitentum (PassKreuz)
- Baseportal => Symbol